Körperverletzung und keine Strafe

In einer aktuellen Entscheidung (Az.:4 StR 506/13) hat der Bundesgerichtshof (BGH) Folgendes entschieden. Wenn dem Täter im Zeitpunkt der Aufgabe seiner Tatausführung noch ein weiteres Mittel – ein Messer an Stelle der bis dahin eingesetzten Faust – zur Verwirklichung seines Vorhabens (Körperverletzung) zur Verfügung steht, ist der Tatversuch aus seiner Sicht nicht fehlgeschlagen und somit noch nicht beendet. Somit sind hier die Möglichkeiten eines Rücktritts eröffnet.
Im Rahmen der Prüfung eines Rücktritts der Körperverletzung im Sinne von § 24 StGB ist zuerst die Frage zu beantworten, ob ein fehlgeschlagener Versuch vorliegt.
Für einen strafbefreienden Rücktritt besteht nur Raum, solange der Täter die Vollendung seiner Tat noch für möglich hält. Im Falle eines Fehlschlags sind § 24 und die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts nicht gegeben.
Hierbei wird das Merkmal des fehlgeschlagenen Versuchs eigentlich für überflüssig gehalten, da in den Konstellationen, die als Fehlschlag bezeichnet werden, ein Rücktritt mangels Freiwilligkeit ohnehin nicht in Betracht käme. Nach der Gesamtbetrachtungslehre ist daher das Geschehen als Ganzes zu beurteilen. Entscheidend ist, welche Vorstellung der Täter nach Abschluss der letzten auf die Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolgs gerichteten Ausführungshandlung hat (Rücktrittshorizont). Hält der Täter in diesem Zeitpunkt die Deliktsvollendung noch für möglich, liegt kein fehlgeschlagener, sondern ein rücktrittsfähiger Versuch vor. Sieht der Täter dagegen zu diesem Zeitpunkt keine Chance zur Deliktsverwirklichung mehr, so ist der Versuch fehlgeschlagen.

Liegt nun kein fehlgeschlagener Versuch .- z.B. bei der Körperverletzung- vor, ist bei § 24 StGB (Rücktritt) zwischen dem beendeten und dem unbeendeten Versuch zu unterscheiden.
Diese Differenzierung ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil für einen strafbefreienden Rücktritt vom beendeten Versuch Gegenaktivitäten des Täters erforderlich sind, während beim unbeendeten Versuch die bloße Aufgabe der weiteren Tatausführung – hier der Körperverletzung-genügt.
Auch bei der Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch gelten die Grundsätze von Gesamtbetrachtung und Rücktrittshorizont.
Rechnet der Täter nach der letzten Ausführungshandlung nach seinem Kenntnisstand (noch) nicht mit dem Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges, und sei es auch nur in Verkennung der durch seine Handlung verursachten Gefährdung des Opfers, so ist der Versuch unbeendet, wenn die Vollendung aus Sicht des Täters noch möglich ist. Dabei kommt auch der Fall in Betracht, dass der Täter nach der letzten Ausführungshandlung zunächst irrig angenommen hat, diese Handlung reiche zur Herbeiführung des Erfolges aus, und nunmehr in unmittelbarem Zusammenhang nach seiner korrigierten Vorstellung zu der Auffassung gelangt, dass er weiterhandeln könnte und müsste, um den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen.
Macht sich der Täter keine Gedanken darüber, ob die Tat ohne weiteres Zutun seinerseits vollendet wird, so ist von einem beendeten Versuch auszugehen.
Somit kann der Täter beim unbeendeten Versuch nach § 24 Abs. 1 Satz 1 1. Alt StGB strafbefreiend zurücktreten, indem er die weitere Tatausführung freiwillig aufgibt.